Sabina Bockemühl "STARKE WESEN - ZARTE SEELEN"

Ausstellung vom 03. Dezember 2016 bis 23. April 2017

Lebendige Geschichten von starken Persönlichkeiten: Davon erzählen die Werke von Sabina Bockemühl. Die 1966 in Solingen geborene Malerin schafft in einer außergewöhnlichen Technik eindrucksvolle Frauenportraits. Ob Alice Schwarzer oder Frida Kahlo: Die Bilder von Sabina Bockemühl strahlen eine besondere Stärke aus, was die Motivwahl inhaltlich unterstreicht. Die Künstlerin arbeitet mit einer besonderen Überlappung von Leinwand auf Leinwand.

Die großformatigen Werke erhalten dadurch eine Dreidimensionalität und eine besondere Haptik und Tiefe. Trotz der intensiven Farbigkeit der Bilder, schwingt in ihnen immer etwas nachdenklich Tiefgründiges mit. Mit viel Fingerspitzengefühl und Emotionalität erzählt Bockemühl starke Geschichten, die in ihrer Gesamtheit auf den Betrachter wirken. In ihrem Besitz befinden sich so gut wie keine Frühwerke, da ältere Werke immer wieder übermalt und einer Weiterentwicklung unterzogen werden. »Ich überarbeite meine Bilder bisweilen auch mit verschiedenen Themen. Oft zerschneide ich sie auch, um diese wiederum in neue Werke einzuarbeiten. Auf diese Weise verbinden sich die Themen miteinander. Alles gehört zusammen«, beschreibt Sabina Bockemühl ihre Arbeitsweise.
Die Künstlerin Sabina Bockemühl kam schon in frühester Kindheit mit der Welt der Kunst in Berührung. So zählen ihr Vater, der Maler, Musiker und Glaskünstler Hans Jürgen Richartz und der Kunstlehrer und Galerist Georg W. Michels zu ihren ersten Förderern. Nach dem Abitur widmete sie sich ganz der Kunst, der freien Malerei.

Sabina Bockemühl – Die Frau der leisen Töne und einem starken Gespür für Farben
Ihre Ausbildung absolvierte Bockemühl in Düsseldorf, Trier, Münster und Barcelona – unter anderem bei Prof. Markus Lüpertz. Ihr Studium der Portraitmalerei in den Jahren 1990/91 – bei dem bekannten Bildhauer und Portraitmaler Ricci von Riggenbach – stellt die Basis ihrer heutigen Arbeiten dar. Studienaufenthalte in USA und Spanien und ihre Station bei Designer Dieter Sieger auf Schloss Harkotten im Münsterland prägten ihre Arbeit, sowie eine Ausbildung in Wandmalerei, Trompe l‘oeil und Fassadenmalerei. Ihr erstes Atelier gründete Sabina Bockemühl im Jahr 1990, seit 2002 arbeitet sie in Murnau am Staffelsee. Dort betreibt sie eine Malakademie im »Gelben Haus«. Weitere Inspiration findet sie in einem weiteren Domizil, im Atelier ihres Vaters auf Mallorca. Sabina Bockemühl ist BBK-Mitglied im Berufsverband bildender Künstler, zunächst in Wuppertal, seit 1997 in München. Ihre Arbeiten waren bereits in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen.

Hot Cows und Pop Art
Vertrautes weiterentwickeln und dabei neue Geschichten erzählen: So könnte der Untertitel zu den Werken von Sabina Bockemühl lauten. Raum und Zeit, die Existenz des Menschen und die Natur sind die wesentlichen Themen in ihrer Malerei. Ihre künstlerische Ausrichtung hat sich in der Kunstausbildung unter anderem in Düsseldorf, Trier, Münster und Barcelona gefestigt. Einen entscheidenden Anteil in der Entwicklung hatte die Naturverbundenheit ihrer Kindheit, die sie zu Teilen im bayrischen Wald verbrachte. Momentaufnahmen und Stimmungen sind in farbintensiven Motiven verarbeitet, die Menschen und Tiere wie beispielsweise Hot Cows, zeigen. Dabei sind ihre großdimensionalen Arbeiten – die eine neoexpressionistische Stilrichtung mit Einflüssen der Pop Art verbinden – nie eindimensional. Egal welches Motiv: Sabina Bockemühl mischt ihre Themen, so dass aus etwas Vertrautem die Vielschichtigkeit des Lebens zum Ausdruck kommt und zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass Mainstream und die Magie der Kunst keinen Widerspruch darstellen.

Die Leinwand als Objekt: Die Arbeit
Kraftvolle Farben auf großformatigen Leinwänden: Die Werke von Sabina Bockemühl gewinnen durch die spezifische Arbeitstechnik. »Durch den Hell-Dunkel-Kontrast der Farben, die die Künstlerin in vielen Schichten bewusst aufträgt, gewinnt die Leinwand etwas Haptisches, einen samtigen Ausdruck von sanft modelliertem Licht. Insbesondere die gespachtelte Malstruktur und die abgestimmten Farben lassen jedes einzelne Bild in seiner Gesamtheit wirken«, schreibt die Kunsthistorikerin Dr. Barbara Aust-Wegemund in einem Portrait.
Die Leinwand wird nicht als Fläche, sondern als Objekt genutzt. Plastische Farbstrukturen arbeitet Bockemühl so heraus, dass eine für die Künstlerin typische Präsenz entsteht. Die so erzeugten Stimmungen können von Ruhe und Ausgeglichenheit zeugen, genauso wie von Heiterkeit und Unbekümmertheit. So entstehen Kompositionen, die persönliche Assoziationen zulassen, obwohl alle Werke ihre einzigartige Handschrift tragen.

Murnau, im Oktober 2016

Diether Kunerth "INDIEN"

Ausstellung vom 03. Dezember 2016 bis 23. April 2017

Über das Heilige in der indischen Kunst
1992 verwirklichte sich mein Jugendtraum. Ich bereiste Indien vom Süden bis in den Norden. Natürlich konnte ich nur eine Ahnung von der überwältigenden Fülle des geistigen Giganten des Subkontinents mit nach Hause nehmen. Doch hoffe ich, auf weiteren Reisen meine Erlebnisse intensivieren zu können (dies geschah durch einen längeren Aufenthalt in den großen Städten 1994). War ich bislang von mediterranen visuellen Erfahrungen geprägt worden, so erschließt sich in der Begegnung mit indischer Plastik und Architektur eine neue sinnliche Dimension. Während im europäischen Denken das „Menschenzentrale“ in allem Übergewicht erhält, das Tier wie eine Sache einem Ausbeutungsobjekt gleichgesetzt wird, und sich der Mensch als Herrscher über die Schöpfung aufspielt, so drückt sich im Indischen eine andere Haltung zur Natur und zum Kosmos aus. Das Unterbewusste wird hier nicht verdrängt, es findet im Religiösen Ausdruck wie in den Bauweisen der Tempel; ja – es verkörpert sich auch augenscheinlich in den Skulpturen bis hin zu den Säulen und den Ornamenten. Das Tier wird in der Darstellung des Kosmos nicht ausgeklammert, sondern erhält vielmehr einen überragenden Platz zwischen den Göttern. Denn es steht noch in viel unmittelbarem Kontakt zu ihnen als der Mensch selber, dessen Gefühle zur Natur schon eher als abgestumpft erscheinen mögen, und er daher die Naturabläufe in ihrer Harmonie stört. Mit Recht erklärt der Hinduismus das Tier als heilig und erhöht es als Zeichen der Verehrung auf dem Tempelaltar. So setzt sich uralte Menschheitsweisheit, die auch im alten Ägypten Tradition hatte, bis heute in Indien fort. Man kann nur hoffen, dass die Kurzsichtigkeit einer Aufklärung, die den Ablauf der kosmischen Vorgänge rein mechanistisch bzw. materialistisch erklärt, diese letzten Bastionen der Weisheit nicht völlig vernichtet.

Ein weiterer Punkt zur Andersartigkeit im Erleben im Kosmos ist, dass sich in Indien die Architektur und Skulptur ähnlich wie das Wachstum der Pflanzen bilden. Sie erscheinen überquellend an Formenreichtum sich ins Unendliche zersplitternd, scheinbar jede Symmetrie und Geometrie missachtend. Bei genauerem Betrachten ist auch da eine Ordnung spürbar, nur trägt sie der Realität des Fließens aller Naturvorgänge Rechnung. Auch werden Vergehen und Zerstörung nicht tabuisiert, was sinnbildlich in der Göttergestalt des Shiva Ausdruck findet. Aber diese Darstellung des Abgründigen ist nicht erschreckend, sondern geschieht in der anmutigsten und verführerischsten Ästhetik. Es ist eine Bejahung des total sinnlichen und körperlichen, so dass eine weltfremde Transzendenz und keine starre Abstraktion aufkommt. Mögen die Tempeltürme noch so hoch in den Himmel steigen, sie assoziieren niemals Weltflucht. Sie errichten auch keine Hierarchien, sie sind vielmehr Dokumente von übersprudelnder Daseinsfreude. Selbst die Buddha-Figuren symbolisieren nicht Abtötung, sondern zeigen, dass Meditation zu einem harmonischen Verschmelzen der Einzelnen mit dem Gesamten in der Fülle des Eins sein führt.

Inspirierten mich bis jetzt die gekalkten Kykladen-Architekturen zu den weißen Bildern, in denen das Blau des Meeres und der schwarze Vulkankegel den fast einzigen Kontrast zu den Weißformen bildet, so schenkt mir die Erinnerung an die Marmortempel und die Paläste in Indien die „neuen Bilder“. Der Elefant, die Kuh, Shiva und Jina bevölkern das Bildfeld, wobei kein Gegenstand allein das Zentrum bildet. Alles ist gleich wichtig im Ganzen. Daneben fügen sich Schriftzeichen in das Bildgewebe ein: Zeichen nicht für sprachliche, begriffliche Mitteilungen, eher für die Geheimnishaftigkeit, die sich nicht in Worte fassen lässt. Die Zeichen sind als Symbole für das Geheimnis Indiens zu verstehen – aber nicht als „Unentschlüsselbares“, sondern erlebbar in der Ästhetik. Die Sprache der Bilder ist von allen Nationen und Rassen dieser Erde lesbar. So vermag man über die indische Kunst den Zugang zur Seele Indiens zu finden. Man entdeckt eine Seele, die ungeheuer reich und vital und zudem friedfertig ist. Sie lässt eine berechtigte Hoffnung aufkommen, dass sie die enormen Schwierigkeiten, die sich ihr in ihrer harten äußeren Umwelt in den Weg stellen, friedvoll und genial überwinden wird.

Es wäre unmenschlich und auch töricht bei einer Reise durch Indien nur die herrlichen Tempel und Paläste zu bestaunen und kein Aug´ und Gehör für die großen Sorgen und Probleme dieses Subkontinentes, die sich hauptsächlich aus der Bevölkerungsexplosion ergeben, zu haben. Es wäre beinahe zynisch, von der heiligen Kuh zu schwärmen und den Menschen auf der Straße in seiner übergroßen Not keines Wortes zu würdigen. Mein Programm als Maler ist es aber nicht, die Realität zu schildern, sondern Bildmeditationen anzubieten. Ich möchte Bildwelten gestalten, die zwar diesen äußeren Erscheinungsformen das Bildgerüst entlehnen, aber eine innere Welt von Harmonie entstehen lassen. Ein Bildkosmos, der sich zur Schönheit und Sinnfülle bekennt, mag zwar Utopie sein, dann aber ebenso wie die „Warnbilder“ der neuesten Kunstszene mit ihrem Chaos zur Entwicklung von besseren Einsichten führen. Diese sind für das Weiterleben auf diesem Planeten lebensnotwendig geworden. Die rationale Aufklärung allein vermag die Aufgabe nicht zu lösen, wie das Beispiel der sehr wertvollen Arbeit des „Club of Rome“ zeigt, den bekanntlich ist das Triebhafte des Menschen übermächtig und fast unkontrollierbar. So bieten sich die hinduistische Lehre Indiens und ihre Verkündigung durch die Tempelarchitekturen als ein großer Wegweiser für die Menschheit an. Sie zeigt neben der großen Liebesbotschaft und Erlösungsoffenbarung des Christentums auf, dass alle Lebensformen geheiligt und zur Wandlung zu höherem Bewusstsein gerufen sind. War es früher nur einzelnen Mystikern vorbehalten, die ganzheitliche Lebenssicht in der meditativen Verschmelzung des Individuums im Einen zu realisieren, so ist angesichts der Bedrohung der Menschheit und der ganzen Welt durch das monströse Aggressionspotential in der neuen Technik eine Hinwendung zu einer kosmischen Religiosität und Humanität auf breiter Basis lebensnotwendig. Leider aber ist in den letzten Jahrzehnten das tiefgeistige Wissen über diese Geheimisse allzu oft in den Händen von skrupellosen Sektenführern und Geschäftemachern zu einer Art Droge für die Seele verkommen, so dass sich viele ernsthafte Menschen von dieser Szene abwenden.
Im Westen mag sich künstlerisch eine individuelle Mythologie gleichsam ein „Egotrip“ als Protest gegen die sterile perfektionierte Industrie- und Konsumgesellschaft berechtigterweise entwickeln. Aber in Indien wäre das Zerbröckeln des „Wir-Gefühls“ in das Egogefühl tödlich. Das will nicht heißen, dass es nicht sehr bedeutende und positiv wirkende moderne Individualkunst in Indien gibt.

Es ist ja auch oftmals der individuelle, von der Gesellschaft scheinbar unabhängige Künstler fähig, die Lebensverknüpfungen der Einzelorganismen mit dem Ganzen dichterisch zu verkünden, wie es ja die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts auf der ganzen Welt zeigt. Aber es existiert auch, bedingt durch die Isolation des Individuums, ein weitverbreiteter Nihilismus in allen Kunstäußerungen, der, wenn er sich global etablieren würde, sich fatal für die Menschheitsentwicklung auswirken würde: denn die letzte Brücke zwischen uns und den Göttern abzubrechen, das “Heilige“ restlos auszumerzen, könnte sich als tödlich erweisen.

Ottobeuren 1992, Diether Kunerth


Ausstellende Künstler

Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutzinformationen